Historie der

Künstlergruppe Bonn

Die Künstlergruppe Bonn e.V. entstand aus dem Bonner Künstlerbund (gegründet 1914, ab 1933 verboten, reaktiviert 1946/47 und 1951 aufgelöst).

Am 17.11.1953 erfolgte die Gründung der „Arbeitsgemeinschaft Bonner Künstler“. 1954 gab sie sich den entgültigen Namen „Künstlergruppe Bonn“.

„Hervorgehoben werden muss gleich anfangs, daß die Künstlergruppe sich nicht auf Basis eines gemeinsamen, stilistischen oder ganz allgemein künstlerischen Zieles gebildet hat, sondern auf der Grundlage der allen gemeinsamen Heimatstadt …“ (Generalanzeiger, 21. Nov. 1955)

Im Grußwort der Chronik der Künstlergruppe Bonn von 1984 (Horst Rave, Chronik Künstlergruppe Bonn, ISBN 3-416-01849-4 / 1984) schreibt Dierk Stemmler:

„Eine Künstlergruppe kann für ihre Mitglieder die Lebens- und Arbeitsbedingungen – u.a. durch Austausch – verbessern helfen und versuchen, die Unterstützung der Öffentlichkeit und der öffentlichen Hand zu gewinnen. Doch vermag sie als Vereinigung nicht zu leisten, was des einzelnen Künstlers selbstkritische Verantwortung bleibt, und was er von Innen her zur künstlerischen Erneuerung und Substanz des „Gruppenbildes“ bewirkt.“

Aus dem Grußwort der Präsentation 2010 der Künstlergruppe Bonn, Ludwig von Winterfeld, ISBN 978-3-00-031418-6 / 2010

„Die Situation nach dem verheerenden Krieg stellte sich für die Maler im Bonner Raum einigermaßen hoffnungslos dar: Das Obernier-Museum war am 18. Oktober 1942 abgebrannt, das Atelierhaus zuvor schon zerbombt worden. Für die Künstler begann die lange und beständige Suche nach neuen Ausstellungsmöglichkeiten.

Die ersten Ausstellungen fanden provisorisch im Kaufhof, der Kegelbahn des Bürgervereins (an der Stelle des heutigen Bristol-Hotels) und in der Mensa der Universität (Studentenhaus) statt.“

„Der Neubeginn  nach dem Krieg war doppelt schwierig. In der zerstörten Stadt fehlten nicht nur Räume, auch der kulturelle Kahlschlag während der vergangenen Diktatur ließ sich nicht sofort beseitigen.“

„Die Klage, daß Bonn kein Ort für bildende Künstler sei, sollte in den folgenden Jahren nicht mehr verstummen.“

Seite 21, Chronik der Künstlergruppe Bonn, Horst Rave, ISBN 3-416-01849-4 / 1984,

Ausstellungen & Geschichte der Künstlergruppe Bonn ab 1944

1947 – 1984: Quelle: Chronik Künstlergruppe Bonn, Horst Rave, ISBN 3-416-01849-4 / 1984

1985 – 2010: Quelle: Präsentation 2010 der Künstlergruppe Bonn, ISBN 978-3-00-031418-6

Dies ist die Chronik der ältesten Vereinigung bildender Künstler unserer Region. Ihre Vorgänger, „Bonner Künstlerbund“ und „Arbeitsgemeinschaft Bonner Künstler“, waren durch Nationalsozialismus, Krieg und Kriegsfolgen betroffen, und die „Künstlergruppe Bonn“ selbst hat die kulturelle Entwicklung der Bundeshauptstadt von den damaligen bis zu den heutigen Provisorien begleitet und ertragen. Durch Erfolge und Versagungen hindurch, deren Ursachen die Chronik beschreibt, in ihren Bemühungen um die Überwindung äußerer Schwierigkeiten und des Provinzialismus in den eigenen Reihen versuchte die Gruppe wiederholt, über den Gesichtskreis eigener Interessen hinaus zur Belebung der Szene beizutragen, etwa 1949 eine Bonner „Kunst- und Ausstellungshalle“ zu initiieren.

Eine Künstlergruppe kann für ihre Mitglieder die Lebens- und Arbeitsbedingungen – u.a. durch Austausch – verbessern helfen und versuchen, die Unterstützung der Öffentlichkeit und der öffentlichen Hand zu gewinnen. Doch vermag sie als Vereinigung nicht zu leisten, was des einzelnen Künstlers selbstkritische Verantwortung bleibt und was er von innen her zur künstlerischen Erneuerung und zur Substanz des „Gruppenbildes“ bewirkt. Die Bedeutung dieser Dokumentation liegt darin, daß sie mit Courage, Fleiß und Akribie in solche Vorgänge Einsichten zu gewinnen und diese zu vermitteln bestrebt ist, und dafür  gebührt den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern, ganz besonders Horst Rave selbst, Anerkennung und Dank. Auch weil hier ein Beitrag zur Geschichte unserer Stadt geleistet wurde.

Dierk Stemmler, Grußwort  – Aus der Chronik der Künstlergruppe Bonn, Horst Rave, ISBN 3-416-01849-4 / 1984

Im Zuge der jüngsten Volkswanderung verschlug mich das Schiksal im Jahre 1955 von Berlin nach Bonn. Mit großen Hoffnungen kam ich hier an, die aber sehr schnell gedämpft wurden, als ich mich umsah und feststellen mußte, in eine kleine Provinzstadt gekommen zu sein, der man die Rolle einer „provisorischen Hauptstadt“ übertragen hatte.

Man hatte hier zunächst andere Sorgen, als sich mit der bildenden Kunst zu beschäftigen, zumal diese in Bonn nie so recht heimisch gewesen war – Max Ernst hatte hier zwar vor langer Zeit einmal studiert, und man erinnerte sich noch der sarkastischen Kritik einer Ausstellung „Bonner Künstler“ in der inzwischen durch den Krieg zerstörten Villa Obernier, wo es sinngemäß hieß, das beste Bild sei der Blick durch das Fesnster auf das Siebengebirge.

Von Ferne leuchtete der Glanz August Mackes, aber, so wurde mir berichtet, als der damalige Museumsdirektor Holzhausen ein kleines Grundstück aus städtischem Besitz gegen ein großes Bild Mackes tauschen wollte, hatten die Stadtväter dankend abgelehnt. Später mussten sie dann viel mehr bezahlen, aber sie konnten es ja nicht wissen.

Was fand ich also vor?

Eben genannter Dr. Holzhausen empfing mich freundlich – wir konnten beide sächsisch, denn er war ja lange Zeit am berühmten „Grünen Gewölbe“ in Dresden tätig gewesen – aber er dämpfte auch meine Erwartungen, als er mir seine Sammlung zeigte oder besser , das, was von ihr in den schon damals beengten Räumlichkeiten des gerade eröffneten Hauses in der Rathausgassse zu sehen war. Im obersten Stockwerk war außerdem noch ein Teil der heimatkundlichen Sammlung ausgestellt.

Was gab es sonst noch?

Weder Gallerien noch einen Kunstverein – nur die „Künstlergruppe Bonn“, deren damaligen Vorsitzenden Willy Stucke ich bald kennen und schätzen lernte. Durch ihn erfuhr ich vom „Alfterer Kreis“, der aber gerade auseinandergegangen war. Josef Faßbender, eines seiner Mitglieder, sagte mir später, er wäre gerne in Bonn geblieben, wenn man ihm entgegengekommen wäre und für ein Atelier gesorgt hätte – Holzhausen, der sich sehr für den Kreis der Alfterer eingesetzt hatte, konnte bei der Stadt nichts für ihn erreichen – er hat resigniert und seine Mundwinkel zeigten nunmehr nach unten.

Mit Ateliers war es natürlich sehr schlecht bestellt. Stucke allerdings hatte das große Glück, im Herzen der Stadt ein großes Dachatelier  zu haben, und hier war eigentlich der damalige Mittelpunkt der Künstlergruppe.

Für alle, die mitgemacht haben, ist das Mittwochabend-Aktenzeichen unvergessen. Nach getaner Arbeit blieben wir dann bei einigen Flaschen oft bis in den frühen Morgen beisammen – die erste Straßenbahn nach Endenich, die sich quietschend um die vielen Kurven wand, fahren lassend.

Ich wurde bald Mitglied der Künstlergruppe und nahm an der Ausstellung in den „Städtischen Kunstsammlungen“ teil, die Holzhausen trotz seiner räumlichen Misere den Bonner Künstlern ermöglichte – eine andere Ausstellungsmöglichkeit gab es nicht mehr, nachdem der Kaufhof, der zunächst sein noch nicht benutztes Obergeschoß großzügig zur Verfügung gestellt hatte, dieses selbst nutzte.

Einige Zeit später wählte mich die Gruppe zum 2. und dann zum 1. Vorsitzenden.

Die Gruppe war damals die einzige Vereinigung der im Bonner Raum lebenden Künstler, und es gab eine Reihe respektabler Namen unter ihnen. Was die Gruppe nicht war – und auch nicht sein wollte und konnte – sie war keine Vereinigung zur Durchsetztung eines bestimmtem gemeinsamen künstlerischen Zieles – wie die Gruppen „Brücke“ oder „Zero“ – sie war einfach der Zusammenschluß der in der Region lebenden Künstler mit dem Ziel gemeinsamer Ausstellungen, wobei die „Qualität“ – was das auch immer ist – als Richtschnur galt.

Die Aufnahmekriterien waren „streng“, und ich erinnere mich daran, daß wir z. B. dem Aufnahmeantrag von Johannes Grützke nicht stattgaben, allerdings nach heftiger Diskussion, aber er entsprach damals noch nicht unseren Anforderungen, die als „modern“ oder „aktuell“ galten und die Mehrheit als verbindlich ansah – man lebte ja in der Zeit der „Hochabstraktion“, und die meisten Kollegen hingen dieser Richtung an. Ja, so streng waren die Bräuche …

Auf der Suche nach geeigneten Ausstellungsräumen stießen wir auf die Ruine des „Kurfürstlichen Gärtnerhäuschens“ im Baumschulwäldchen – die Diminutive entsprachen den Abmessungen, aber als wir endlich den leidlich renovierten Raum von der Stadt übernehmen konnten, waren wir doch sehr glücklich, eine eigene Behausung zu haben.

Das „Gärtnerhäuschen“ sah damals noch anders aus (siehe Abbildung unten): der Eingang war ursprünglich an der Giebelwand zum Beethovenplatz. Hatte man den Raum betreten, so war rechter Hand eine Trennwand, die das Waschbecken, die einzige „sanitäre Anlage“, abschirmte. Diese Abtrennung war die einzige Möglichkeit, Leiter, Putzeimer und wenn nötig Bilder unterzustellen. Ein „locus minoris“ fehlte völlig, und mancher Passant, der in seiner Not dieses kleine Häuschen, in falscher Einschätzung seiner Funktion, eilend betrat, musste enttäuscht umkehren – ein Spassvogel taufte es daraufhin in „Pissoir des Beaux Arts“ um.

Ich sah nun meine Aufgabe darin, dieses Institut zu bespielen. Zunächst war es naturgemäß den Mitgliedern der Gruppe geöffnet, und es fanden regelmäßig Gruppen-Ausstellungen statt. Besonders aber, seiner Größe entsprechend, Einzel- oder Zweier-Ausstellungen, wobei als besonders glücklich angesehen werden konnte, wenn ein Maler sich mit einem Bildhauer ergänzte. Ich erinnere beispielsweise an die Ausstellung, die Leo Breuer und Hermann Berges vereinte.

Mir wurde aber sehr bald klar, daß man sich nicht nur auf die Mitglieder der Gruppe beschränken konnte. Um Wiederholungen zu vermeiden, mußten aus anderen Städten Gäste eingeladen werden. Die Schwierigkeit war hierbei allerdings, daß dafür keinerlei Mittel zur Verfügung standen und der Aussteller alle Kosten selbst tragen mußte. Trotzdem habe ich es fertiggebracht – manchmal war es schon eine Zumutung – den Ausstellungsbetrieb in Gang zu halten, im Verzeichniss der Ausstellenden kann man das nachlesen.

Wieviel „Kleinkram“ wirklich zu erledigen war, kann nur der ermessen, der selbst schon einmal so etwas gemacht hat. Manchmal ging es auch nur haarscharf gut ab – so hatte ich die Graphik von Hermann Tauber aus seinem damaligen Wohnort Bad Heilbronn geholt – im Kofferraum verstaut, natürlich nicht versichert. Auf der Autobahn wurde ich in einen Auffahrunfall verwickelt – aber gerade noch so, daß mein Hintermann an meiner Heckstoßstange zum Stehen kam, anschließend krachte es unaufhörlich .

Neben einer Bereicherung der aufkeimenden Kunstszene hatten diese Kontakte mit auswärtigen Kollegen zur Folge, daß die Bonner Einladungen zu Ausstellungen außerhalb bekamen. So zur „Großen Berliner“ am Funkturm, wo die „Künstlergruppe“ als autonome Gruppe zu sehen war.

Eine der schönsten Erinnerungen ist für alle, die daran teilnahmen, sicher die Ausstellung in Lille. Nach zermürbenden Formalitäten an zwei Grenzen, der Transport musste durch Belgien gehen, kamen wir nach Lille. Wir waren mit dem Mut der Ahnungslosen an die Sache herangegangen – aber die Anstrengungen wurden letztendlich belohnt: Die Bonner konnten ihre Arbeiten im „Palais Rihour“ sehr gut zeigen. Aber was wichtiger war, der Abend oder besser die Nacht mit den französischen Kolleginnen und Kollegen nach der Vernissage im „Atelier de la Monnaie“, der alten Münze, die den dortigen Künstlern zur Verfügung stand, bleibt unvergessen.

Die als Tische benutzten ausgehängten und auf Bänke gestellten Türen bogen sich unter der Last der Ardenner Schinken und dessen, was es noch Gutes gab, wie auf einem Bild von Breughel. Im Laufe der Nacht zeigte sich, daß die Liller Maler nicht nur mit Farbe umgehen konnten, sondern auch kabaretistisch auf der Höhe waren. Wir mussten uns revanchieren, was nicht ganz leicht fiel – denn der Bitte unserer Gastgeber entsprechend mußten wir deutsche Soldatenlieder singen.

Als ich später fragte, warum man uns ausgerechnet mit einem derartigen Verlangen in Verlegenheit brachte, erhielt ich zur Antwort, daß es „antibourgeois“ sei, deutsche Soldatenlieder zu singen – verstanden haben wir es nicht.

Inzwischen hatten sich andere Gruppe in Bonn gebildet – zunächst Semikolon – die auch Anspruch auf die Benutzung des Gärtnerhäuschens erhoben, und da ich gegen „Alleinvertretungsansprüche“ bin, fanden wir einen Modus, auch ihnen die Möglichkeit zu dortigen Aktivitäten zu geben – aber damit war auch die Zeit der Gastausstellungen vorbei.

Ich hätte es in diesem Maße auch nicht mehr machen können, da inzwischen mein Haus in  Dollendorf fertig geworden war. Bisher hatte ich mich täglich um das Gärtnerhaus kümmern können – quasi im „Vorbeifahren“, da ich damals das Atelier im Florentinergraben hatte und es am Weg zur Wohnung lag.

So beschränkten sich die Ausstellungen wieder auf die Bonner, die Ausstellungstätigkeit außerhalb ging aber weiter.

Normalerweise werden in einer Chronik nur die Erfolge verzeichnet – ich will aber an unseren größten Mißerfolg erinnern: die Ausstellung in München.

Ein auswärtiges Gruppenmitglied vermittelte uns die Möglichkeit einer Ausstellung in den Räumen des BBK im Völkerkunde-Museum an der Maximilianstraße. Ich kannte die Räume von früher, sie waren sehr gut geeignet, auch die Lage im Galerienviertel erschien mir günstig, und ich redete den Kollegen zu, sich zu beteiligen.

Die Mietkosten – 3000 DM – erschienen zwar hoch, sollten die Sache aber nicht scheitern lassen. Da viel Platz vorhanden war, konnte jeder 10 Arbeiten zeigen, wir hatten also 450 Bilder zu transportieren. Wir bekamen einen VW-Pritschenwagen mit Plane zur Verfügung gestellt, und mein Sohn Friedemann, Tochter Bettina und deren Freund halfen, den Transport nach München zu bringen. 450 Bilder mussten ein- und ausgepackt werden, wir waren „fix und fertig“.

Die Ausstellung sah aber gut aus – ich meine, sie war die beste, die wir je gemacht hatten – und der Erfolg?  Gleich Null.

Schon zur Eröffnung waren nur wenige Leute gekommen, was später nicht besser wurde, da die örtliche Presse sich ausschwieg. Ich versuchte nun herauszukriegen, worauf der Boykott zurückzuführen sei, doch nicht etwa darauf, daß wir „Preußen“ waren?

Nein, die Räume des BBK wurden gemieden, weil sie jeder mieten konnte, der die nötigen Mittel hatte und das Niveau auf diese Weise die untere Linie zeitweise unterschritten hatte. „Wer zahlt, der malt“, hieß es, und als dann die folgende Ausstellung geliefert wurde, sahen wir selbst, was da für „Kunst“ kam: Wurzelmännlein.

So waren wir in ein „verrufenes Haus“ geraten und hatten es nicht gewußt.

Auch sonst gab es noch so manche Aufregung. Herm Dienz brach sich den Fuß, und Karin Neusels unvermeindlicher Hund verursachte einen Unfall.

Das wars, nein, da war noch was.

An unserem Transporter klebte noch ein Wahlaufkleber mit dem Slogan: „Wir sehen nicht schwarz für Bonn“. Am nächsten Tag steckte ein Zettel am Scheibenwischer mit dem Text: „Für Bonn sehe ich auch nicht schwarz, aber für Euch, wenn ihr weiter so falsch parkt!“

 

Ernemann Sander, Erfahrungen mit der Künstlergruppe Bonn – Aus der Chronik der Künstlergruppe Bonn, Horst Rave, ISBN 3-416-01849-4 / 1984

Globalisierung

Es bedeutete schon eine Ehre und Anerkennung, als Mitglied in die Künstlergruppe Bonn aufgennommen zu werden. Über viele Jahre nach dem zweiten Weltkrieg war sie die einzige Gemeinschaft bildender Künstler in der Bonner Region. Man dachte und fühlte ziemlich elitär. Strenge Maßstäbe galten beim Prüfen von neuen Aufnahmeanträgen. So sollte die Qualität erhalten und gesichert werden, was immer darunter zu verstehen ist. Etliche Ablehnungen von Leuten, die später zu Rang und Namen in der Kunstwelt kamen, weckten nachträglich Reuegefühle.

Aus den Anfangsjahren berichteten die Gründungsmitglieder von heftigen Auseinandersetzungen. Zwar führte kein ästhetisches oder stilistisches Programm die Gründer zusammen.

Man bildete eine Interessengemeinschaft zur gegenseitigen Unterstützung und zum Organisieren von Ausstellungen, woolte die künstlerischem Arbeiten präsentieren, zur Diskussion stellen und damit Öffentlichleit interessieren und gewinnen.

So fühlte man sich nie einer Stil- oder Kunstrichtung verpflichtet, die Mitglieder vertraten unterschiedliche künstlerische Positionen. Trotzdem entstanden heftige Fehden besonders zwischem den „Abstrakten“ und den „Gegenständlichen“, manchmal im Rang von Glaubenskriegen. Solch frühe Schlachten sind längst geschlagen, sie wichen einer gestiegenen Toleranz und wohl auch einer zeitbedingten Altersmilde.

Die Mitgliederzahl schwankte über die Jahre zwischen 30 und 40. Verständlich, dass im Lauf von 55 Jahren viele Namen kamen und gingen. Eine ganze Reihe wichtiger Mitglieder aus den Anfangsjahren verstarb inzwischen, andere wechselten den Wohnort, einige traten aus.

Wenn auch die durchschnittleiche Zahl gleich blieb – die Bemühungen, junge ausgebildete Künstler als Nachwuchs zu gewinnen, blieben ziemlich erfolglos. Das lag zum einen wohl daran, dass Vereine ganz allgemein ihre Zugkraft verloren haben, zum anderen, dass die Jüngeren sich mit Gleichaltrigen zusammentun und das auch nur für ein bestimmtes Projekt, einen vorrübergehenden Zeitraum.

Ein eigenes Haus oder Domizil besaß die Gruppe nie. Postalische Anschrift war stets die Privatadresse des jeweiligen Vorsitzenden. Das heißt: Eigentlich gehörte der barocke Ausstellungspavillon im Bonner Baumschulwäldchen zur Gruppe. Dieses Haus aus der Zeit der in Bonn residierenden Kurfürsten diente in der Vergangenhait unterschiedlichen Zwecken unter verschiedenen Namen: Milchhäuschen, Jägerhäuschen, dann offiziell Kurfürstliches Gärtnerhaus. Nach der Renovierung Ende der fünfziger Jahre übertrug das Städtische Kulturamt der Künstlergruppe Bonn unter ihrem damaligen Vorsitzenden Ernemann Sander die Konzeption, Programmgestaltung und Organisation der Ausstellungen in diesem Haus. Über viele Jahre stellte die Gruppe dort Kunst aus der Region, aber auch von auswärtigen Künstlerinnen und Künstlern vor. Hier fanden die Gruppenveranstaltungen und gemeinschaftlichen Treffen statt. Im Gärtnerhaus zeigten viele Mitglieder der Gruppe ihre neuesten Arbeiten, meist in Einzel-Präsentationen. Die zahlreichen Gemeinschaftsausstellungen mit wechselnden Themen fanden überwiegend im Künstlerforum Bonn statt oder im Godesberger Haus an der Redoute, kaum mehr in anderen Städten oder gar im Ausland. Die Organisation des Gärtnerhauses liegt inzwischem beim Trägerverein für das Künstlerforum und das Kurfürstliche Gärtnerhaus.

55-jähriges Bestehen – eine lange Lebenszeit für das sensible Gebilde einer Künstlergemeinschaft, bestehend aus Einzelpersönlichkeiten mit ausgesprochen individualistischer Prägung. Bekannte Gruppen wie Blauer Reiter, Brücke oder Zero existierten wesentlich kürzer, meist nur wenige Jahre.

In den 40 Jahren meiner Zugehörigkeit zur Gruppe, davon 12 Jahre als Vorsitzender, erlebte ich alle Variationen menschlichen Zusammenlebens: Harmonie und Streit, Übereinstimmung und Wiederstand, Verständnis und Ablehnung. Aber auch persönliche Freundschaften entstanden, Jahre überdauernd als wertvoller Lebensgewinn.

In jüngerer Zeit veröffentlichte die Gruppe zweimal Postkartenschuber mit aktuellen Arbeiten ihrer Mitglieder. Nach längerer Pause erscheint nun wieder ein Katalog. Er zeigt natürlich eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt des Erscheinens im Jahre 2010. Eine Künstlergruppe lebt nun einmal vom Wechsel und Veränderung, personell und inhaltlich, davon ist die Künstlergruppe Bonn nicht ausgenommen.

Werner Götzinger (Vorsitzender der Künstlergruppe Bonn von 1995 bis 2008), Gedanken zur Gruppe  – Aus der Präsentation 2010 der Künstlergruppe Bonn, ISBN 978-3-00-031418-6 / 2010

Transformationsprozesse

Die „Künstlergruppe Bonn e.V.“ entstand aus dem Bonner Künstlerbund (gegründet 1914, ab 1933 verboten, reaktiviert 1946/47 und 1951 aufgelöst). Am 07.11.0953 erfolgte die Gründung der „Arbeitsgemeinschaft Bonner Künstler“. 1955 bildete sich die „Künstlergruppe Bonn“. „Hervorgehoben werden muss gleich anfangs, daß die Künstlergruppe sich nicht auf Basis eines gemeinsamen stilistischen oder ganz allgemein künstlerischen Zieles gebildet hat, sondern auf Grundlage der gemeinsamen Heimatstadt …“ (Generalanzeiger, 21. Nov. 1955)

Seit 1957 ist sie als „Künstlergruppe Bonn e.V.“ im Vereinsregister beim Amtsgericht Bonn eingetragen und hat ihren Sitz in Bonn. Laut Satzung vom 16.07.1965 ist Zweck und Ziel des Vereins:

  1. Förderung des kulturellen Lebens im Raume Bonn und die Vertiefung des Verständnisses für bildende Kunst, um durch Ausstellungen einem breiten Publikum den Zugang zur zeitgenössischen Kunst zu erleichtern.
  2. Ausstellungen der Künstlergruppe sollen nach Möglichkeit thematisch begrenzt sein.

Im Grußwort der Chronik der Künstlergruppe Bonn von 1984 (Horst Rave, Chronik der Künstlergruppe Bonn, ISBN 3-416-01849-4 /1984) schreibt Dierk Stemmler: „Eine Künstlergruppe kann für ihre Mitglieder die Lebens- und Arbeitsbedingungen – u.a. durch Austausch – verbessern helfen und versuchen, die Unterstützung der Öffentlichkeit und der öffentlichen Hand zu gewinnen. Doch vermag sie als Verbindung nicht zu leisten, was des einzelnen Künstlers selbstkritische Verantwortung bleibt, und was er von innen her zur künstlerischen Erneuerung und Substanz des „Gruppenbildes“ bewirkt.“

Mit Hilfe der Arbeitsgemeinschaft „Mehr Kunst für Bonn“ gelang 1984 ein Teil der Realisation des „20 Punkte Programms“ für die Stadt Bonn, anläßlich der „ersten Bonner Kunstwoche“ (Kunstpreis, Stipendien, Macke-Medaille, Ateliers, u.s.w.) für Bonn auf den Weg zu bringen.

Heute wird ein Museum mit einem „Eisberg“ verglichen (da unter Wasser „im Archiv“ der größere Teil unsichtbar ruht), zum anderen ist aber auch vom Museum als „Durchlauferhitzer“ die Rede, wenn Sammlerfürsten es zur Wertsteigerung ihrer Leihgaben nützen (siehe M. Duchamp und die Folgen). Aber eigentlich ist das Museum zur „Bank“ mutiert; getragen durch Anlage und Spekulation mit alten und neu hinzukommenden „Blüten“ (sie stehen untereinander im okulten Wertegerangel zwischen Sammlerinteressen, Sponsorenabsichten und Museums-Intendanten-Programm).

Es schmerzt, wenn man sich nach 30 Jahren an die Beschlußfassung des Bonner Kulturusschusses vom 07. Februar 1980 erinnert, die da lautet: „Im Abstand von 3-5 Jahren wird das städtische Kunstmuseum ganz oder teilweise für eine Ausstellung Bonner Künstler mietfrei zur Verfügung gestellt.“

Die erste Ausstellung „Bonner Künstler“ fand im April 1982 statt. Die zweite Ausstellung „Papierarbeiten“ fand im Dezember 1987 ebenfalls im Städtischen Kunstmuseum statt. Selbst wenn es alle fünf Jahre so weiter gegangen wäre, stünde die siebte Ausstellung 2012 an.

Welche Verbindlichkeit haben Ratsbeschlüsse, wenn jeder x-beliebige Kulturdezernent oder Museumsleiter sie eigenständig ignorieren darf?

Den Kulturschaffenden vor Ort sollte bei der Entwicklung des regionalen Kulturkonzeptes zumindest ein Anrecht auf Mitsprache zustehen.

Aufgabe eines jeden Künstlergruppen-Vorstandes ist nicht nur, enagiert die Interessen seiner Mitglieder im kulturpolitischen Bereich zu vertreten, sondern darüber hinaus den Bürgern regelmäßigen Einblick in das künstlerische Geschehen und Wirken in ihren Mauern durch Präsentationen aller Art zu geben. Es gilt, den Dialog mit allen am Kunstgeschehen Beteiligten und Interessierten zu fördern und aktiv zu stützen. Hierbei ist ein neu zu entwickelnder Orientierungsrahmen für die Gruppe eine Notwendigkeit. In dieser Hinsicht zeichnete sich der fast einstimmige Beschluß im Dezember 2009: „weiterhein als Gruppe bestehen zu wollen“, als Grundvorraussetzung hierfür ab. Jeder von uns entwickelt Empfindungsräume, aus denen er seine Sehnsucht nahrt und trotzdem zu verwirklichen sucht.

2010, anläßlich des nun 55-jährigen Bestehens der Künstlergruppe Bonn e.V., dankt und begrüßt es der Vorstand, sich für die weiteren Kulturbeiträge mit den Kolleginnen und  Kollegen der Gruppe einsetzen zu dürfen, um mit diesem Katalog zur Parallelausstellung „Andere Welten“ zusammen die ungebrochene künstlerische Präsenz der Gruppe unter Beweis zu stellen. Wir wünschen allen den erhofften und verdienten Erfolg.

Dank dem Kulturamt der Stadt Bonn und all jenen, die zum Gelingen dieses Kataloges und der Ausstellung hilfreich beigetragen haben.

Ludwig von Winterfeld (Vorsitzender der Künstlergruppe Bonn von 2009 bis 2021), Gedanken zur Gruppe  – Aus der Präsentation 2010 der Künstlergruppe Bonn, ISBN 978-3-00-031418-6 / 2010

Übersicht: Vorsitzende der Künstlergruppe Bonn e.V. ab 1953:

Willy Stucke

Ernemann Sander

Hans Dotterweich

Ernemann Sander

Horst Rave

Jupp Heinz

Ilsetraut Glock

Werner Götzinger

Hellmuth Eichner

Corinna Heumann

1953 - 1959

1959 - 1965

1965 - 1968

1968 - 1983

1983 - 1985

1985 - 1992

1992 - 1995

1995 - 2008

2008 - 2009

2009 - 2021

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